ADB: Herr Kellner, was ist Ihrer Meinung nach der größte Mythos, der über die PR-Arbeit in Verlagen kursiert?
Bernhard Kellner (BK): Dass PR-Arbeit für Verlage etwas völlig anderes ist als für andere Branchen. Sicher arbeiten wir mit und für das Kulturgut Buch bzw. Verlagscontent – wie es neudeutsch so schön heißt, aber eine strategische PR ist gerade bei kleineren Budgets wie in der Verlagsbranche umso wichtiger.
ADB: Welche Fähigkeiten müssen Neu- und Quereinsteiger heute mitbringen, um erfolgreiche Verlags-PR betreiben zu können?
BK: Der Berufsstand Verlags-PR hat sich insbesondere in den letzten zehn Jahren erheblich professionalisiert, was zum einen an einem generell breiteren Angebot an Studienmöglichkeiten liegt, zum anderen aber auch an den zunehmenden professionellen Angeboten an PR-Seminaren zur Weiterbildung. Das ist sehr zu begrüßen und zeigt, dass es ein wachsendes Bewusstein dafür gibt, dass wir es mit einem strategischen Aufgabenfeld der Kommunikation zu tun haben. Wachsende Schnelligkeit und Komplexität des Medienmarktes und ein oftmals bestsellergetriebener Buchmarkt erfordern umgekehrt ja auch hochqualifizierte Kommunikatoren. Mitbringen sollte man eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit in Wort und Schrift, ein Gespür und Interesse für Menschen und den Medienmarkt, Diplomatie und die Fähigkeit vernetzt strategisch zu denken. Das ist heute nicht anders als früher. Hinzugekommen ist die Anforderung, sich mit einer zunehmenden Anzahl an Medien – und Kommunikationsplattformen auseinander zu setzen.
ADB: Die Digitalisierung hat auch vor der Pressearbeit nicht halt gemacht. Welche neuen Kanäle stehen einer engagierten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im World Wide Web zur Verfügung?
BK: Ein eigener Pressebereich auf der Website sollte heute zum Standard gehören, ebenso wie diverse dazugehörige Serviceangebote mit Downloads für Cover und Texte, Audiobeiträge und Bewegtbild gehören derzeit in der Verlagsbranche im PR-Bereich überwiegend noch nicht zum Standard. Die Social Media Plattformen wie beispielsweise Facebook, StudiVZ, Myspace oder für Bewegtbild youtube gewinnen zunehmend an Bedeutung und werden von vielen Verlagen bereits für deren Botschaften und Produkte genutzt. Letztlich verhält es sich genau wie mit allen traditionellen Medien – wir müssen uns die Frage der Passgenauigkeit von Botschaft und Empfänger stellen. Das erleichtert die Wahl. Nicht jeder Hype wird in diesem Bereich zum Trend. Ob es für eine PR-Abteilung eines literarischen Verlags unerlässlich ist zu twittern, möchte ich dahingestellt lassen. Dennoch sehe ich für alle Verlage eine neue Chance mit überschaubaren Budgets eine breite Öffentlichkeit ansprechen zu können. Eines muss aber im Blick bleiben: Die Web-Kommunikation in all diesen Bereichen ob B2B oder B2C darf nicht losgelöst von der Unternehmenskommunikation betrachtet werden. Sie muss als strategisches Instrument verstanden werden und sollte keine solitäre Spielwiese sein. Im Blick sollte man von Anfang an haben, dass es nicht unerhebliche Kapazitäten bindet, diesen Kommunikationskanal zu bedienen.
ADB: Mitarbeiter aus den PR-Abteilungen von Verlagen beklagen immer wieder, dass sich die Erfolge ihrer Arbeit nur bedingt messen lassen. In Ihrem Seminar „Grundlagen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Verlagen“ geht es unter anderem um Möglichkeiten der Erfolgskontrolle. Können Sie uns dafür ein Beispiel geben?
BK: Es wäre gelogen zu behaupten, dass wir in der Verlagswelt die budgetären Möglichkeiten hätten, eine quantitativ und qualitativ differenzierte Evaluation realisieren zu können. Große Konzerne oder beispielsweise Parteien lassen den Erfolg Ihrer PR-Kampagnen oft anhand von Markt- und Meinungsforschungsinstituten messen. Selbst große Verlage haben nicht ansatzweise die Budgets hierfür. Innerhalb des Seminars soll es darum gehen aufzuzeigen, wie man mit überschaubaren Mitteln eine vernünftige Analyse der Maßnahmen realisiert. Oft hilft es bereits vorhandene Analysetools wie Mediacontrol, Amazon-Ranking, google analytics oder den Clickraten auf der eigenen Website, thematisch und zeitlich mit durchgeführten PR-Maßnahmen und erschienenen Rezensionen abzugleichen.
ADB: Als Fachreferent beteiligt sich an dem Seminar auch Dr. Torsten Casimir, der Chefredakteur des Börsenblatts. Welcher Part kommt ihm im Rahmen dieses Grundlagenkurses zu?
BK: In der Verlagsbranche gibt es im Gegensatz zu manchen anderen Branchen viele Quereinsteiger, die nicht aus dem Journalismus kommen. Insofern ist besonders wichtig, die andere Seite des Schreibtisches – also die Branche, der wir täglich Informationen zukommen lassen – besser kennen zu lernen. Den Redaktionsalltag, die Dos and Don’ts, Redaktionsabläufe usw. von einem erfahrenen Journalisten aus erster Hand kennen zu lernen, kann künftig mögliche Fehler in der Zusammenarbeit mit den Medien vermeiden helfen und den Erfolg der Arbeit nachhaltig steigern.
Bernhar Kellner ist Akademie-Referent der Seminare Grundlagen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Verlagen und PR-Konzeption.