Betriebswirtschaft für Führungskräfte

Was macht professionelles Controlling speziell in Medienunternehmen aus?
Verlage zeichnen sich aus durch kreative Vielfalt. Für den Controller ist dies der Horror: viele Produkte, komplexe Kostenstrukturen, schwere Vorhersagbarkeit der Absatzpotenziale, teilweise kleinteiliges Geschäft und durch die Digitalisierung der Medienwelt nun auch unterschiedliche Geschäftsmodelle. Ein gutes Controlling bildet diese Heterogenität ab und versorgt die Verlagsmitarbeiter und Entscheidungsträger mit den für sie relevanten Informationen und Empfehlungen.

Wie kann das Controlling heterogene Bereiche von Unternehmen konkret abbilden?

Das beginnt schon bei der Definition einer geeigneten Datenstruktur, um für die vielfältigen Informationsinteressen Auswertungen bereitstellen zu können. Mit einer modernen Business Intelligence Software lassen sich die unterschiedlichsten Berichte und Kennzahlensysteme erstellen, die sowohl für Entscheidungen als auch für das Tagesgeschäft enorm wichtig sind. Ein verantwortliches Controlling geht dabei nicht nur auf das Informationsbedürfnis der Verlagsmitarbeiter ein, sondern hat auch ein Auge darauf, wie sich der Verlag entwickelt und welcher Anpassungs- bzw. Korrekturbedarf daraus resultiert.

Wie kann das Projekt-Controlling gezielt unterstützen?

E-Publishing-Projekte sind für viele Verlage völlig neu. Und es gibt wenige Erfahrungen, auf denen man aufbauen kann. Nehmen wir das Beispiel E-Book. Hier ist die Branche damit beschäftigt, sich zu fragen, ob das E-Book vom Konsumenten angenommen wird, wann es angenommen wird, was die anderen Verlage machen, welche Hardware sich durchsetzt, welcher Preis vom Kunden akzeptiert wird, wie die Vertriebsstruktur aussieht usw. Mit anderen Worten: Es herrscht große Unsicherheit. Wer jetzt glaubt, diese Unsicherheit könne das Controlling zum Beispiel mit einem hübschen Business Plan wegzaubern, ist gewaltig auf dem Holzweg. Es geht zunächst einmal darum, die Unsicherheit auszuhalten und gleichzeitig zu schauen, dass der Verlag währenddessen nicht pleite geht. Dazu braucht es einen klaren Blick auf die Profitabilität des Stammgeschäfts. Bei E-Publishing-Projekten geht es darum, die Bandbreite der möglichen Zukunftsszenarien aufzuzeigen sowie jene Projektphasen herauszuarbeiten und eng zu begleiten, an denen die Weichen für den weiteren Verlauf gestellt werden. Da das Controlling in der Regel alle Projekte des Unternehmens begleitet, sollte es darauf achten, dass die im E-Business so wichtigen Skaleneffekte genutzt werden, dass also Technologien und Plattformen, die für ein Projekt entwickelt wurden, mehrfach verwendet werden.

 

Welche neuen Controllingsysteme halten Sie im Hinblick auf die Erfassung der Zusammenhänge in Verlagen für besonders interessant?

Ich finde es erstaunlich, dass sich viele alte Konzepte wie Szenariorechnungen, Discounted Cash Flow-Kalkulationen und Plan-/Istanalysen als sehr wirkungsvoll erweisen. Wer die Controlling-Basics drauf hat, ist hier klar im Vorteil. Wichtig ist die Geschwindigkeit. Das digitale Zeitalter bewegt sich schneller als das physische, Entscheidungen werden teilweise viel schneller getroffen. Dem muss auch das Controlling gerecht werden.

Auch wirtschaftlich erfolglose Projekte lassen sich also für die Unternehmensentwicklung nutzen…?

Die Fähigkeit eines Unternehmens, zum richtigen Zeitpunkt das passende Produkt und Geschäftsmodell parat zu haben, scheint sehr stark davon abzuhängen, wie viele Erfahrungen im Bereich der Neuen Medien gemacht wurden. In diesem Sinne haben auch erfolglose Projekte ihren Wert. Ein Unternehmen ermöglicht dadurch, sich Optionen im E-Business offen zu halten und irgendwann zu erkennen, womit in Zukunft Geld verdient werden kann. Im kaufmännischen Sinne handelt es sich hierbei um eine Realoption. Diese lässt sich monetär bewerten. Viel wichtiger als eine Bewertung jedoch finde ich, dem Verlag die Flexibilität zu geben, sich diese Optionen zu ermöglichen

 

 

 

2023-05-03T11:31:20+02:00
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