Vor kurzem hat das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein angekündigt, mit empfindlichen Strafen von bis zu 50.000 € gegen gewerbliche Datenschutzsünder vorzugehen, wenn deren Aktivitäten im Social Web nicht gesetzeskonform sind. Wie aber genau die gesetzliche Lage bezüglich der Nutzung von Facebook, Twitter und all der anderen Netzwerke ist, wie mit Kunden- und Mitarbeiterdaten in der elektronischen
Kommunikation zu verfahren ist und dergleichen mehr – darüber herrscht nicht zuletzt seitens der Gesetzgeber Unklarheit. Das Medium ist jung und Gesetzgebung gerade in Deutschland geprägt von Instanzverwirrung und Langwierigkeit. Dennoch tummeln sich immer mehr Unternehmen mit teilweise höchst unprofessionellen Auftritten im Web und das Thema Datenschutz ist in der unternehmensseitigen Aufmerksamkeit gesunken. Doch der Vorstoß Schleswig-Holsteins könnte Schule machen und das ist Grund genug, mal nachzufragen: Dr. Vera Glas, Rechtsanwältin bei Lausen Rechtsanwälte in München, hat uns einige Fragen zum Datenschutz beantwortet.
Sehr geehrte Frau Dr. Glas, sowohl der herstellende als auch der verbreitende Buchhandel zeigt sich zunehmend aktiv im Social Web, doch noch vor einem etwa Jahr war die Zurückhaltung bezüglich einer aktiven Nutzung der neuen Kanäle gerade wegen datenschutzrechtlicher Bedenken nach innen und außen enorm groß. Ist das Wissen über die Unwegsamkeiten so schnell gewachsen oder gab es tatsächlich nie einen Grund für ernsthafte Bedenken?
Dass die Aktivitäten im Social Web zugenommen haben, ist meines Erachtens nicht darauf zurückzuführen, dass die datenschutzrechtlichen Bedenken entfallen wären. Diese bestehen nach wie vor. Hier ist auch immer noch Vieles ungeklärt. Den Grund für die vermehrte Nutzung sehe ich zum einen darin, dass über diese Plattformen die entsprechenden Zielgruppen besonders wirksam zu erreichen sind. Ferner haben sich die Datenschutzbehören beim Thema Social Web bisher in Zurückhaltung geübt. Dies könnte sich jedoch schon bald ändern. In diese Richtung deutet jedenfalls die Ankündigung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein von letzter Woche, das Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein dazu aufruft, die Nutzung bestimmter Dienste zu unterlassen und – falls erforderlich – auch weitergehende Maßnahmen ergreifen wird.
Welche Dienste sind das konkret und was glauben Sie, wie verbreitet sie in der Buchbranche sind? Welchen Nutzen erfüllen sie derzeit und welche unbedenklichen Alternativen sehen Sie?
Die Ankündigung des ULD bezieht sich konkret auf die Nutzung von Facebook-Anwendungen wie beispielsweise den ”Gefällt mir”-Button, die meinem Eindruck nach auch in der Buchbranche inzwischen sehr verbreitet sind. Die Frage nach unbedenklichen Alternativen ist schwer zu beantworten. Das ULD spricht in seiner Pressemitteilung von europäischen und anderen Social Media, die den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Internet-Nutzenden ernster nehmen als Facebook und daher alternativ genutzt werden sollen. Welche Dienste dies nach Einschätzung des ULD sind, bleibt jedoch offen. Um dies herauszufinden, müsste man die einzelnen Dienste datenschutzrechtlich unter die Lupe nehmen.
Für eine derartige Prüfung fehlt kleineren und mittelständischen Verlagen und Buchhandlungen allerdings mehrheitlich das Geld – ist also die einzig derzeitige Alternative mangels genauen Kenntnisstandes “Finger weg vom Social Web”? Für die hunderten sehr erfolgreich agierenden Verlage mit teilweise mehreren Tausend Fans ein Horrorszenario!?
So weit würde ich nicht gehen. Es empfiehlt sich aber in jedem Fall, die Ankündigungen und Empfehlungen der zuständigen Datenschutzbehörden zum Social Web im Auge zu behalten und dann ggf. die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.
Datenschutz ist also ein Thema im Wandel, das Auseinandersetzung fordert. Welche aktuellen Punkte sind für ihr nächstes Seminar in der Akademie der Deutschen Medien wesentlich?
Unser Seminar, das ich gemeinsam mit meinem Kollegen Frank Michael Höfinger gebe, gibt eine Einführung in die Grundlagen des Datenschutzrechts, seine Grundbegriffe und allgemeine Prinzipien. Darauf aufbauend werden Teilbereiche des Datenschutzrechts dargestellt, die für Medienunternehmen besonders relevant sind, beispielsweise Fragen des Umgangs mit Kundendaten und datenschutzrechtliche Problemfelder im Bereich E-Commerce und Telekommunikation. Hier gab es in letzter Zeit einige Gesetzesänderungen, durch die zum Teil die Pflichten der Unternehmen verschärft wurden, z. B. beim Adresshandel. Ferner ist die Aufmerksamkeit für Verstöße gewachsen. Für Unternehmen, die mit personenbezogenen Daten umgehen, macht es daher Sinn, sich über ihre datenschutzrechtlichen Pflichten beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu infomieren, um Fehler zu vermeiden. Darüber hinaus werden auch Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes behandelt, der im Arbeitsalltag eines jeden Unternehmen eine Rolle spielt, z. B. beim Einsatz elektronischer Kommunikation. Besprochen wird auch der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes.