Was sind die bedeutsamsten Digitaltrends?
In den kommenden Jahren wird das digitale Leben und Arbeiten dramatisch an Fahrt gewinnen. Unsere gewohnte „analoge“ Welt wird immer digitaler, immer mehr digitale Anwendungen werden sich im täglichen Leben durchsetzen. Vieles zeichnet sich schon jetzt ab: Im Wohnzimmer überholt der „Second Screen“ – also das Handy oder Pad – den TV Screen. In der Küche sendet der Kochtopf mittels eigener App Informationen während des Kochens, um die Gerichte „auf den Punkt“ zu garen. Im Wohnzimmer kann die Beleuchtung für alle gewünschten Lichtstimmungen mittels Smartphone angesteuert werden. Und im Garten wird der neue digitale Fußball mittels seiner App auf dem Smartphone ausrechnen, wie gut ein Spieler ihn tatsächlich gespielt hat – quasi ein persönliches, digitales Jogi-Löw-Training. Auch das digitale Arbeiten wird erleichtert und digital professionalisiert. Cloud basierte Services setzen sich durch. Mobile Endgeräte sind der Standard und die Netzinfrastruktur wird für Video- und Telefonkonferenzen hohe breitbandige Datendienste via LTE bereitstellen.
2) Stichwort Individualisierung: Wie verändert sich die Erstellung und Nutzung von Corporate Media?
Ungebrochen bleibt der Trend zur Individualisierung und Personalisierung. Er greift in die gesamte Wertschöpfungskette ein und sorgt dafür, dass Unternehmen ihre Produkte und Lösungen immer besser an den Bedürfnissen ihrer Kunden ausrichten können. Auch die Kommunikation ist Bestandteil dieses Trends: Technische „Helferlein“ ermöglichen es, dass Kunden zu jedem Zeitpunkt immer genau die Informationen erhalten, die sie brauchen. „Kontext basierter optimaler Nutzwert“ ist hier das Stichwort.
Damit gerät das Konstrukt „Marke“ stark unter Druck. Markenbildung soll im allgemeinen die Brücke zwischen einem Unternehmen und ihrem anonymen Kunden schlagen. Doch diese Aufgabe wird zukünftig durch technische Analysen von individualisierter und personalisierter digitaler Kommunikation übernommen. Marken werden zunehmend transparent, der Kunde hat die freie Wahl.
Die Kommunikationsabteilungen der Unternehmen sind daher aufgefordert, Kunden mit ihrem Profil zu erfassen, Gemeinsamkeiten abzugleichen und dann auf Augenhöhe zu kommunizieren. Auf Augenhöhe meint dabei nicht eine einfache Clusterbildung durch das Aggregieren von Daten, sondern verlangt komplexe Algorithmen zur wirklich individuell-situationsoptimierten Ansprache. Kommunikation muss mehr denn je „auf den Punkt gebracht“ werden. Das reine Senden von „All-in“-Informationen, Penetrations- und Unterbrecherkommunikation werden im Wettbewerb um Relevanz und Aufmerksamkeit keine Chance mehr haben und zunehmend ineffizient.
3) Buzzword oder Trend: Wie schätzen Sie die Bedeutung von Content Marketing ein?
Content Marketing hat seinen festen Platz im Marketing- und Kommunikationsmix verdient und gefunden. Unabhängig von der organisatorischen Verankerung geht es im Kern darum, Kunden wahrhaftig und kontextrelevant zu begegnen. Es geht in Zukunft weniger um das Senden von Informationen als viel mehr um die kommunikative Präsenz in genau dem Moment, in dem der Kunde die Botschaft als Mehrwert empfindet. Daher ist die Weisheit, dass eine relevante Botschaft ihre Zielgruppe findet, aktueller denn je – nur dass sich die Vorzeichen geändert haben: Die richtige Botschaft muss den Kunden „in time“ und „in mood“ erreichen, sie muss seine Stimmung zeitgerecht treffen und hilfreich sein.
Die große Herausforderung der Zukunft ist, die Unternehmenskommunikation kanalübergreifend konsistent und aktuell zu halten. Das Internet ist auf Grund seiner Präsenz, Aktualität und Verfügbarkeit sicherlich in der Pole-Position im Kanalmix. Dennoch haben traditionelle Corporate-Publishing-Printmedien nie an Bedeutung verloren. Sie besitzen das große Potenzial, Menschen zu inspirieren und über den Informations-Suchanlass hinaus motivieren zu können.
4) Welche Rolle spielt Print heute und zukünftig im Medienmix von Unternehmen?
Print spielt immer noch eine ungebrochen große Rolle im Media-Mix. Die Qualität des Journalismus, die hohe emotionale Auseinandersetzung der Leser mit dem gedruckten Text in den Händen und die Haltung der Printmedien, der Flüchtigkeit der digitalen Medien einen Kontrapunkt zu setzen, sorgen für die weiterhin hohe Akzeptanz des Mediums. Das Problem von Print liegt also weniger in der Akzeptanz in der Zielgruppe, als vielmehr in der Bewertung des Mediums auf Seiten der Auftraggeber. Die hohen Aufwände eines Printmagazins, verursacht durch Papier, Druck und Portokosten, führen vermehrt zu der Fehleinschätzung, dass das Web der effizientere Kommunikationskanal ist. Zudem liefert das „Just-in-Time-Monitoring“ dem Web erheblichen Rückenwind – nur dass reine Zahlengläubigkeit die Emotionen der Menschen außer Acht lässt.
Aus meiner persönlichen Sicht besteht daher die Zukunft der Printmedien in einer Symbiose aus off- und online-Kommunikation. Welche Mechanismen sich als zielführend erweisen, ist noch nicht abzusehen. QR-Code-Integration, Augmented-Reality-Anwendungen, Codes und Kurz-URLs sind erste Versuche, eine gleichberechtigte Co-Existenz zu schaffen. Auch das Massenmedium „Bild.de“ versucht mit der Marke „Bild Plus“ den Spagat zwischen Print- und Netzkommunikation. Ob der Durchbruch eines kostenpflichtigen Journalismus im Netz gelingt ist noch völlig offen.