Positiv führen in schwieriger Zeit

Ein Beitrag von Christian Thiele, Experte für Positive Führung und Trainer der Akademie

Das Problem

  • eine potenziell lebensbedrohliche Gefahr, für wie viele von uns, wissen wir noch nicht
  • in etlichen Lebensbereichen ist alles anders als zuvor, mehr Disruption geht nicht
  • die ganze Welt ist mehr oder weniger gleich betroffen
  • was ist jetzt richtig, was ist falsch, wann nimmt die Zahl der Kranken wieder ab – keiner weiß das
  • der dauerhafte Mahlstrom an – überwiegend negativen – Nachrichten über Infektions- und Todeszahlen, Kurseinbrüche, Schließungen, Beschränkungen etc. droht uns alle zu verschlingen

Das sind aus meiner Sicht die Besonderheiten, die das #Corona-Virus zu einer besonderen Herausforderung machen. Auch und besonders für Führende.

Heute, am 20.3. ist Weltglückstag. Passt gar nicht in die Landschaft, einerseits.

Und andererseits ist es gerade in diesen Zeiten wichtig, konstruktiv, positiv und leistungsfähig zu bleiben – für mich selbst, meine Mitarbeiter, meine Organisation. Hier einige Tipps dazu, wie Sie mittels positive Leadership auch in Corona-Zeiten einen Beitrag zu mehr Glück im Job leisten können:

Radikal innovieren

Führende müssen in diesen Zeiten radikal Neues denken, gestatten, möglich machen. Ikea und Apple schließen plötzlich ihre Läden, Post und Lieferdienste verzichten plötzlich auf die Quittungsunterschrift, Medien- und andere Unternehmen bieten ihre Dienstleistungen plötzlich umsonst an, Behörden lassen ihre Mitarbeiter sensible Daten von Zuhause aus bearbeiten: Mut und Entschlussfreude helfen in diesen Tagen. Winston Churchill, der für Zitate über Führung in Krisenzeiten immer gut ist, sagte einst, frei übersetzt: „Ich habe weniger Angst vor denen, die handeln und Fehler machen, als vor denen, die aus Angst vor Fehlern nicht handeln.“

Akzeptieren Sie provisorische Lösungen! Für Vieles gibt es in diesen Tagen keine Blaupause aus der Vergangenheit und nichts muss als Präzedenz für die Zukunft herhalten – es geht häufig um Lösungen für das Hier und Heute! Für uns Deutsche, die wir besonders gut darin sind, zu planen und diese Pläne dann auch millimetergenau umzusetzen, eine besondere Herausforderung…

Posterioritäten setzen

Lassen Sie sich nicht überwältigen. Fokussieren Sie, reduzieren Sie auf Wesentliches. Schieben Sie weniger Dringendes auf, delegieren Sie an Mitarbeiter. Gute Führung braucht Zeit und Luft und Raum, verschaffen Sie sich diesen, indem Sie Prioritäten setzen – und damit auch Posterioritäten. Vielleicht helfen Fragen wie folgende:

  • Was ist jetzt wirklich wichtig und dringend?
  • Was kann später geschehen?
  • Was können andere für mich erledigen?
  • Worum brauche ich mich, worum brauchen wir uns gerade gar nicht kümmern – weil es sich vielleicht von selbst erledigt?

Anständig bleiben

Wen beliefern wir noch, wen kann ich noch beschäftigen, was muss ich wem absagen? Führende müssen in diesen Zeiten viele Entscheidungen treffen, die weh tun. Das lässt sich nicht vermeiden.

Aber nehmen Sie sich Zeit dafür, Ihre eigenen Werte zu reflektieren: Was können Sie in diesen Zeiten von Mitarbeitern verlangen, die Kinder behomeschoolen müssen, sich um die Eltern, den Wohnungskredit oder schlicht die nächste Miete sorgen? Wer diese Werte in seinen Entscheidungen lebt und kommuniziert, wer mit Mitarbeitern, Partnern, Lieferanten jetzt anständig umgeht, wird davon in der Post-Corona-Zeit profitieren.

Psychologische Sicherheit fördern

„Was meint Ihr dazu, wie sollen wir es machen? Welche Bedenken habt Ihr? Was habe ich vielleicht übersehen?“ Wer solche Fragen stellt, wer sie ernsthaft stellt und wer die Antworten darauf aushalten kann, die oder der schafft das, was Teamforscher ‚“psychologische Sicherheit“ nennen. Ein Klima, in dem Dazulernen, offene Diskussion und Widerspruch explizit gewünscht und erlaubt sind – statt den sonst häufig üblichen Prinzipien von Vertuschen, Fingerzeigen, Mundhalten und Pseudo-Konsens. Ich kenne viele Führungskräfte, die sehr engagiert, witzig und schnell sind – und die gerade lernen, mit ihren Ängsten, Sorgen und den eigenen Verletzlichkeiten konstruktiv umzugehen. Das hilft ihnen selbst – und macht sie zugänglicher für andere.

Bescheid wissen – in Maßen

Strukturieren, ritualisieren Sie Ihren Nachrichtenkonsum – und begrenzen Sie ihn! Ja, Ihre Mitarbeiter können zu Recht erwarten, dass ihr*e Chef*in auf Stand ist, über die Ausbreitung des Virus, über die aktuellen News aus der Branche, über angebotene Hilfen aus der Politik. Und für einen selbst schafft Wissen Gewissheit, gerade in Zeiten, wo sich Gerüchte und Halbwahrheiten ähnlich schnell fortpflanzen wie die Erkrankung selbst. Aber Sie müssen und sollten jetzt nicht alle 3527 Branchennewsletter konsumieren, von früh bis spät an sämtlichen Corona-Tickern sämtlicher News-Quellen hängen. Fokussieren Sie sich auf ein paar wenige zuverlässige Informationsquellen, und bauen Sie feste Zeitfenster für deren Konsum in Ihrem Tagesablauf ein.

Positives kultivieren

Ja, die Zeiten sind schlimm und dramatisch – und gleichzeitig passiert auch viel Tolles, Schönes, Neues, Kreatives, Anrührendes: halb Italien schmettert in Balkon-Flashmobs kollektiv Opernarien, die Spanier beklatschen das Krankenhauspersonal aus ihren Wohnungen, Enkelkinder nehmen Podcasts für ihre isolierten Großeltern auf, etliche Musiker und Kultureinrichtungen schaffen Gratisangebote im Netz.
Führende müssen einerseits den Ernst der Lage im Auge behalten. Und auf der anderen Seite den Blick für Positives wahren. Denn positive Emotionen wie Interesse, Dankbarkeit, Freude, Freundschaft etc. fühlen sich nicht nur gut an. Sie machen uns auch kreativer, leistungsfähiger, stressresistenter. Über eine Übung dazu für Sie selbst habe ich neulich auf Xing geschrieben. Aber fragen Sie auch Ihre Mitarbeiter nach schönen Erlebnissen, nach Dingen, die gerade gut laufen. Bedanken Sie sich für die außergewöhnlichen Leistungen, die Flexibilität, die Extra-Meile, die Viele gerade gehen – egal ob Pflegerin im Krankenhaus, Kassierer im Supermarkt, IT-Crack oder was auch immer. Und loben Sie, geben Sie Lob weiter!

Fortschritt feiern

Gerade in Zeiten von viel Lähmung und Stillstand wichtig und hilfreich: Machen Sie Erfolgserlebnisse, Fortschritte und Errungenschaften sichtbar, für sich und für die Mitarbeiter! Das Erfahren von Selbstwirksamkeit und Erfolg stärkt das Selbstvertrauen. Je größer die Aufgaben, desto wichtiger sind Teilschritte, Etappen mit überschaubaren Zwischenzielen – die sind auch leichter zu erreichen und wahrzunehmen!

Stärken leben, benennen

Mut, Improvisationstalent, Zuversicht, Humor, Freundlichkeit: Es gibt viele ganz unterschiedliche Kompetenzen, Eigenschaften und Stärken, die uns und unseren MitarbeiterInnen und allen Ansprechpartnern unseres Unternehmens in dieser Situation helfen und unterstützen können. Stärken stärken, wozu, wie und in welchen Situationen – im Detail gehe ich in vielen Blogposts und in Folge eins von meinem Podcast „Positiv Führen“ darauf ein.

Kontakt halten, fördern, stärken

Wir Menschen sind Sozialwesen, Teamgeist und andere Formen von Verbundenheit stärken uns und machen uns erwiesenermaßen zufriedener im Job. Schwierig in Zeiten des social distancing – aber nicht unmöglich! Der Flight-or-Fight-Mechanismus ist in uns allen angelegt, er schüttet gerade in diesen Zeiten Adrenalin und andere Krisenhormone in uns aus. Aber wir können ihm ein Gegenmodell entgegensetzen, tend and befriend nennt das die Psychologin Shelley Taylor, das heißt: positive Verbindungen schaffen und ermöglichen, die die Ausschüttung von Oxytocin und anderen positiven Botenstoffen begünstigen. Wie das geht? Das Feierabendbier in einen Google Hangout verlagern; eigene Chat-Kanäle, die explizit für Privates gedacht sind, öffnen und mit eigenen Posts fördern; weniger per Mail und mehr mit Sprach-, Video-Nachrichten oder über andere reichhaltige Medienkanäle kommunizieren; besondere Beispiele für tolle Teamarbeit oder Einzelleistungen kollektiv hervorheben: Dies sind nur wenige Tipps dafür, wie Sie den Glücksfaktor Kontakt auch in Zeiten des nötigen Abstandes stärken können.

Know-Why vermitteln

Warum tun wir, was wir tun? Wem helfen wir damit, wer hat was davon? Und warum ist dieses oder jenes gerade notwendig? Wer gerade für ein Krankenhaus arbeitet oder am Corona-Impstoff forscht, dürfte wenig Schwierigkeiten damit haben, diese Dinge zu vermitteln. Aber irgendwie ist doch gerade jedeR systemrelevant, oder? Und sei es, weil sie oder er im homeschooling die Kinder betreut, für die ältliche, schweratmige Oma im dritten Stock Einkäufe erledigt oder oder oder. Erklären Sie in diesen Tagen besonders viel das Wofür, den Purpose, die Sinnhaftigkeit Ihrer Organisation! Unterstützen und loben Sie Mitarbeiter, die sich für das Gemeinwohl engagieren! Und wenn Sie mit Ihrer Arbeit eben nicht gerade die Welt retten – vielleicht machen Sie ja dann das, was die Profis der Fußball-Nationalmannschaft getan hat: Spenden Sie mit Ihren Mitarbeitern für einen guten medizinischen oder sozialen Zweck.

Abschalten

Und, am allerwichtigsten, machen Sie auch mal:
NICHTS!

Schalten Sie ab! Für die eine ist das die Netflix-Serie, für den anderen der Sport (in den eigenen vier Wänden), für die nächste funktioniert Meditation. Unterbinden Sie immer mal wieder die starken Negativ-Reize, die in diesen Zeiten von allen Seiten her auf unser Gehirn einprasseln, gönnen Sie sich immer mal wieder egoistische Auszeiten – Sie tun das für sich selbst, für Ihre nachhaltige Führungsfähigkeit und damit auch für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ihre Firma.

Hier noch drei Mini-Übungen, die in diesen Zeiten zu Ihrer Resilienz beitragen können:

  • Drei tiefe, bewusste Atemzüge zwei, drei Mal am Tag – das stärkt den Parasympathikus, unser Entspannungs- und Erholungssystem
  • Erinnern Sie sich an Momente der Kraft, der Stärke, die Ihnen in früheren schwierigen oder Krisensituationen geholfen haben. Wie können Ihnen diese Erinnerungen jetzt helfen?
  • Viele Führungskräfte, mit denen ich zu tun habe, fühlen sich in diesen Tagen besonders einsam in Ihrer Verantwortung. Fragen Sie sich: Wer oder was kann Ihnen helfen, sich unterstützt zu fühlen? Mit welcher Freundin, mit welchem Studienkollegen, mit welcher Geschäftspartnerin sollten Sie sich mal wieder verabreden, auf ein virtuelles Bier oder einen Skype-Kaffee?

Und ganz konkret?

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2023-11-17T13:43:44+01:00
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