Welche Aufgaben kommen bei der Erstellung, Aufbereitung und Verbreitung im Fachbuch auf Verlage zu?

Wie Fachverlage sich als Lösungsanbieter neu erfinden

Die E-Book-Konjunktur scheint am Fachbuch bisher ziemlich spurlos vorübergegangen zu sein. Täuscht der Eindruck?

Die eBook-Konjunktur geht am Fachbuch tatsächlich vorüber – das hält aber längst nicht alle davon ab, digital Umsätze zu machen. Gerade im Fachbuch mussten, gewissermaßen erzwungen von institutionalisierten Märkten und nicht-linearen didaktischen Konzepten, schon vor zehn, 15 Jahren alternative Geschäftsmodelle entwickelt werden. Dennoch weichen bei vielen Verlagen die erwirtschafteten Umsätze von den Erwartungen ab – in die unliebsame Richtung. Das eBook zum Fachbuch macht in vielen Fällen zudem keinen großen Sinn, weil eine Konvertierung in Richtung html, also optimiert für mobile Endgeräte, oft schwer bis unmöglich ist. Da fällt viel Umsatzpotenzial weg oder müsste sehr risikoreich erschlossen werden.

 

Was sind die Ursachen für diesen langsamen Veränderungsprozess: Ist der Transfer z.B. eines Lehrbuchs in ein E-Book zu komplex? Oder liegt es an den Kunden, die nur für gedruckte Inhalte zahlen?

Das Fachbuch ist vielfältig – ich würde daher eher von Fachinformation reden, inmitten derer wiederum zum Beispiel das Schulbuch eine sehr gesonderte Position einnimmt. Hier spielt das Vorhandensein entsprechender Endgeräte eine tragende Rolle, ebenso wie die berechtigten Ressentiments seitens der Eltern. Wo kein Markt, da kein eBook und umgekehrt. Beim Blick auf bestehende Fachinformationsangebote, naturgemäß mit dem kritischen Blick der verwöhnten digital native, stellt sich mir die Lage gänzlich anders dar: kompliziert, unübersichtlich, preisintensiv und (Entschuldigung) oft leider auch uninspiriert bis leidenschaftslos. Für die heute 30jährigen reicht das manchmal nicht. Mobilität, Interaktivität, Konnektivität, Multimedialität, Competition? Oft Fehlanzeige. Von „Style“ und „responsive Design“ fangen wir besser gar nicht erst an. Komplexer als das Büchermachen ist das auch nicht – es ist nur etwas völlig Neues und das erfordert Veränderung.

E-Learning galt viele Jahre als ein attraktives Feld für Verlage. Fakt ist: Es gibt einige Erfolgsbeispiele, aber die meisten Fachbuchverlage sind noch immer Fachbuchverlage und keine contentorientierten Lösungsanbieter. Woran liegt das?

Ich vermute, dass der Innovationsgeist noch in seiner Flasche sitzt. Da hat er ja auch seit der Erfindung beweglicher Lettern friedlich geschlummert. Ich höre immer wieder das Argument „Wir müssen uns auf die Sachen konzentrieren, mit denen wir das Geld verdienen – und das ist Print“. Finde ich persönlich auch toll, vor allem, wenn es gelingt, Umsatzrückgänge durch straffere Workflows und optimierten Longtail zu puffern. Aber auch damit ist irgendwann Schluss und dann sollte man mit neuen Geschäftsmodellen bereit stehen und möglichst nicht erst mit der Umsetzung beginnen, wenn die Polster aus guten Jahren aufgebraucht sind. Ich halte es zudem für schwierig, bei dünner werdenden Personaldecken noch Raum (in den Köpfen) und Zeit (im Terminplaner) zu schaffen für wirkliche Innovation. Vielleicht bezahlen einige auch unseren jungen, kreativen, dynamischen, technikaffinen und weborientierten Nachwuchs zu schlecht, wer weiß.

Was muss sich in einem Verlag ändern, wenn er sich von der Buchmetapher löst und ganz neue Wege in der Produktkonzeption beschreitet?  

Erstens Einsicht in die Notwendigkeit. Zweitens Gefallen an den sich daraus ergebenden Herausforderungen, drittens Schulung, Weiterbildung, Zukauf von Know-how = Personalaufbau, viertens Mittelfreistellung oder -beschaffung und fünftens die deutlich und unmissverständlich ausgesprochene und gemeinte Erlaubnis an sich selbst und die Mitarbeiter, endlich Fehler zu machen. Der einzige Fehler ist, keine zu machen.

2023-05-11T16:34:05+02:00
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