Wie Verlage von Hochschulen profitieren können – Ein Interview mit Prof. Dr. phil. Ernst-Peter Biesalski

Prof. Dr. phil. Ernst-Peter Biesalski

ADB: Ihr Vortrag am 15. September trägt den Titel ‚Praxis aus dem Elfenbeinturm – Wie Verlage von Hochschulen profitieren können‘. Praxiswissen aus Hochschulen – für viele ist das noch ein Widerspruch in sich. Was hat sich hier aus Ihrer Sicht getan?


Biesalski:
Der „Elfenbeinturm“ ist ein lieb gewordenes Vehikel, um den Hochschulen Realitätsferne nachzuweisen. Aber das trifft doch schon lange nicht mehr zu. Heute kann es sich doch keine Hochschule mehr leisten, ohne Bezüge zur beruflichen Praxis auszubilden. Diese wird auch von den Studierenden zunehmend eingefordert.


ADB: Welche Projekte haben Sie als Hochschuldozent bereits mit Verlagen realisiert, und was waren die wichtigsten Erfahrungen aus diesen Kooperationen?

Biesalski: Wir arbeiten seit Bestehen des Studiengangs Buchhandel/Verlagswirtschaft, also seit 1992, kontinuierlich mit Verlagen und Buchhandelsunternehmen zusammen. Dabei gibt es Projekte, die wenige Tage dauern ebenso wie längere, etwa im Bereich Marktforschung oder bei der Entwicklung von Geschäftsfeldstrategien. Eine spannende Aufgabe war die Entwicklung von Konzepten für eine Imagekampagne für das Hörbuch. Diese haben wir im Auftrag des Arbeitskreises der Hörbuchverlage entwickelt. Nicht weniger interessant war die Durchführung eines sogenannten „Storecheck“, in Zusammenarbeit mit einer großen Buchhandlung vor Ort. Unsere Erfahrungen mit derartigen Kooperationen sind überaus positiv, denn die Studierenden können hier die erarbeiteten theoretischen Kenntnisse in der Praxis anwenden und sind so sehr gut auf die spätere Berufstätigkeit vorbereitet.

 
ADB: Wo liegen für Verlage die Vorteile in der Zusammenarbeit mit Hochschulen?

Biesalski: Die Vorteile für die Verlage liegen auf der Hand. Die Studierenden verfügen über fundierte Kenntnisse, sind hoch motiviert, engagiert und ideenreich. Und sie stecken nicht in den Mühlen des Verlagsalltags. Sie können sich sicher vorstellen, dass bei gemeinsamen Seminaren und Workshops viele interessante Konzepte erarbeitet werden. Und in der sich anschließenden Diskussion lernen beide Seiten.

Ein großer Vorteil für Verlage liegt sicher auch darin, dass sie durch diese Kooperationen mit potenziellen zukünftigen Mitarbeitern in Kontakt kommen, und mit jungen Leuten, die gerne und viel lesen. Diese sind mit dem Internet groß geworden und nutzen Medien in einer Art und Weise, wie dies für viele Verlage noch nicht selbstverständlich ist. Wenn die Verlage also offen sind, können Sie bei uns eine Menge erfahren.

 
ADB: Hochschulen bilden die Verlagsexperten von Morgen aus und haben dabei die Möglichkeit, sie optimal auf die massiven Umwälzungen in der Verlagsbranche vorzubereiten. Wie wird diese Chance genutzt und welche Rolle spielt dabei die Zusammenarbeit mit Verlagen?

Biesalski: Die Herausforderung für die Hochschulen ist es, diesem Umwälzungsprozess gerecht zu werden. Ich bin der Meinung, dass dies gut gelingt. Professoren wie Studierende beobachten doch genau was passiert und diskutieren aktuelle Fragen, etwa zum Urheberrecht oder zur Distribution und Preisgestaltung elektronischer Produkte. Durch die oben angesprochenen Kooperationen und vielfältige direkte Kontakte erhalten sie einen genauen Eindruck von den Veränderungen in der Branche. Das schlägt sich natürlich in den Studieninhalten nieder. Um ein Beispiel zu geben: Verlage werden in Zukunft noch viel näher an ihren Kunden sein müssen, um Produkte entsprechend deren Wünschen anbieten zu können. Das heißt für uns, dass wir uns stärker als bisher mit Marktforschung, Kundenbedürfnissen und Konsumentenpsychologie auseinandersetzen.  Dabei verlieren wir aber keinesfalls das wunderbare Produkt aus den Augen, um das sich in dieser Branche alles dreht.

Darüber hinaus tauschen wir uns zu diesen Fragen regelmäßig mit dem Praktikerbeirat des Studiengangs aus. Dieser ist mit ausgewiesenen Experten aus allen Sparten der Branche besetzt – beispielsweise Herrn Dr. Hugendubel / DBH, Herr Bez / Umbreit oder Herr Dr. Michaletz / Cornelsen. Der Praktikerbeirat berät und begleitet uns und trägt letztlich auch Sorge dafür, dass die Studierenden den zukünftigen Anforderungen gerecht werden können. Mir ist da übrigens nicht bange.

 

Informationen zu der Konferenz Science meets Publishing

2010-08-13T14:10:44+02:00
Tel.: 0049 89 29 19 53 0
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