App-Erstellung mit Adobe InDesign – Interview mit Michael Kokoscha

InDesign ist als DTP-Programm zur Erstellung von Printmedien bekannt. Wie kommt es, dass man mit dem Programm auch Apps produzieren kann?
Adobe selbst und einige andere Anbieter liefern Plug-Ins für InDesign, mit denen man Single- (einzelne Titel) oder Kiosk-Apps (Buchladen, Zeitschriften mit mehreren Ausgaben) für verschiedene Plattformen produzieren kann. Da InDesign nicht nur das Erstellen von Print-Layouts, sondern auch die Einbindung von multimedialem Content beherrscht, bringt das Programm selbst bereits die wichtigsten Grundlagen mit.

 

Für welche Verlage macht es Sinn, Apps mit Adobe InDesign zu erstellen?

Für alle Verlage, denen die Produktion von E-Books im E-Pub-2.0-, AZW- oder Mobipocket-Format wegen der nötigen Bebilderung nicht ausreicht und die wegen der geringen Akzeptanz auch nicht auf PDF-Dateien ausweichen möchten. Apps bieten dagegen die Möglichkeit, dem Ausgabegerät angepasste vertikale und horizontale Layouts zu entwerfen und durch Einbindung von Multimedia-Inhalten einen Mehrwert gegenüber einem Printprodukt zu schaffen. Gegenüber der Produktion von Apps durch externe Programmierer bietet die App-Erstellung mithilfe von InDesign einen deutlichen Kostenvorteil.

 

Wie viel Vorwissen sollten Verlagsmitarbeiter mitbringen, um Apps mit InDesign erfolgreich entwickeln zu können?

Die Mitarbeiter sollten mit InDesign arbeiten können, was bei Herstellerinnen und Herstellern ohnehin der Fall ist. Wer bisher ausschließlich Printprodukte erstellt hat, wird in InDesign unter dem Menüpunkt „Interaktiv“ noch einige Dinge finden, die er sich anschauen sollte. Die Arbeit mit den Plug-Ins lässt sich in kurzer Zeit erlernen, da keine Programmierkenntnisse erforderlich sind.

 

Vor Kurzem ist InDesign CS6 erschienen. Welche zusätzlichen Möglichkeiten eröffnen sich hier?

Die meisten wichtigen Neuerungen in InDesign CS6 haben mit der parallelen Produktion von Print- und digitalen Medien zu tun. Neu ist die Möglichkeit, alternative Layouts in einer Datei kombinieren und damit gleichzeitig Print- und digitale Medien oder verschiedene digitale Ausgabeformate bearbeiten zu können. Die dateiübergreifende Synchronisation von Texten und anderen Elementen ist nun ohne Hilfskonstruktionen möglich. Die Layoutanpassung nennt sich jetzt „Liquid Layout“ und ermöglicht es, ein Layout nach vorgegebenen Regeln mehr oder weniger automatisch in ein anderes zu überführen.

 

Wie unterscheiden sich die einzelnen Plug-Ins?

Die Möglichkeiten der verschiedenen Plug-Ins sind ähnlich, was die multimedialen Inhalte der erzeugten Apps angeht. Unterschiede gibt es in der Nutzerfreundlichkeit, der Stabilität der Software und natürlich bei den Kosten. Außerdem sind bisher noch nicht alle Plug-Ins in der Lage, Apps für die Android-Plattform zu produzieren.

 

InDesign bietet nun auch die Möglichkeit, E-Pub-3.0-Dateien zu exportieren. Was bedeutet das für Verlage?

Ähnlich wie Apps ermöglicht E-Pub 3.0 die Einbindung von multimedialem Content. Leider gibt es im Moment weder auf die Erstellung dieser Dateien spezialisierte Programme noch standardisierte Ausgabegeräte oder Apps für Tablet-Computer. (Etwas Ähnliches bietet im Moment nur Apples proprietäres iBook-Format.) InDesign bietet nun in der Version CS6 zwei Möglichkeiten des E-Pub-3.0-Exports an, darunter eine experimentelle mit festem Layout. Auch einzelne Plug-In-Anbieter sind dabei, den E-Pub-3.0-Export in ihre Software zu integrieren (*). Die Möglichkeiten der E-Pub-3.0-Dateien ähneln denen der Apps, wenn man von der Erstellung von Kiosk-Apps absieht. Sie unterscheiden sich aber von ihnen durch die größere Vielfalt der Vertriebswege. Allerdings geht damit einher, dass sie schlechter gegen illegales Kopieren zu schützen sind.

 

Unterscheidet sich die Veröffentlichung von InDesign-Apps bei iTunes oder Google Play von der Veröffentlichung „normaler“ Apps?

Im Prinzip nicht. Allerdings möchten einzelne Plug-In-Anbieter gern die Kontrolle über bestimmte Schritte des Produktions- und Veröffentlichungsprozesses behalten, sodass diese Schritte nur über ihre Server abzuwickeln sind. Bei anderen Anbietern entwickeln Sie Ihre App-Datei vollständig in Ihrem Hause, sodass es keinerlei Unterschiede zu der Veröffentlichung einer von Grund auf neu programmierten App gibt.

 

Zum Anschauen: Können Sie ein besonders gelungenes Beispiel für eine App nennen, die mit InDesign gemacht wurde?

Ohne eine Diskussion über Möbeldesign und Inbus-Schlüssel eröffnen zu wollen: Sicher ist der IKEA-Katalog eine sehr bekannte App, die mit einem InDesign-Plug-In realisiert worden ist. Bei der App des National Geographic Magazine sind allerdings die Möglichkeiten der App-Erstellung mit InDesign erheblich besser genutzt worden.

 

(*) Mittlerweile unterstützt Apple mit der iBook-App offiziell das E-Pub-3.0-Format, obwohl es wohl noch Probleme mit manchen Java-Scripts zu geben scheint. Mit der neu erschienenen Version 2.0 des InDesign-Plug-Ins von Aquafadas ist es auch möglich, parallel zur Produktion von Apps auf der Basis der gleichen InDesign-Dateien E-Pub-3.0-Dateien zu erstellen, die dann über den Bookstore in iTunes angeboten werden können.

 

Die Fragen stellte Teresa Rasch.

 

Michael Kokoscha leitet das Seminar App-Erstellung mit Adobe InDesign, das am 5. und 6. März 2013 in München stattfindet. Es gibt noch freie Plätze!

 

 

2012-05-23T10:44:31+02:00
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